Epilog I

In Erwartung der postsynaptischen Endillumination manövriert dein Geist die Güllepumpe, die du deinen Körper nennst in Richtung des Säules, auf dem der Joint liegt und dich angrinst wie eine wilde Horde venezolanischer Kartoffeln. Du kannst dir die nähere Zukunft schon bildhaft vorstellen - wie du das Ding in fruchtbare, mit pflanzlichem Humus und tierischem Kuhmist durchwachsene Muttererde steckst, mittels transzendentaler Meditation in die dritte Astralebene oszillierst, deinen zweitausendjährigen Exyogachef über den karmaistischen, von einer ewigen, weisen Schneedecke überzogenen Gipfeln des nepalesischen Himalaya kontaktierst, zusammen mit dem alten Knacker in die Dreieinigkeit Gottes eingehst; wie ihr fünf einen Sixpack bei Aldi klaut und eine Schlägerei ausbricht, weil ihr euch nicht einigen könnt, wer die letzte Flasche kriegt; wie dir die ganze Sache ziemlich auf die Eier/stöcke geht und du dich unter Zuhilfenahme pangalaktischer Ultraschallenergiestrahlen zurück auf deinen Acker autosuggestierst, wo inzwischen eine wilde Horde venezolanischen Kartoffelkrautes aus der Erde wuchert und dich angrinst wie ein Joint.
Deine psychopathische Aversion gegen Kartoffeln läßt sich bis in die frühe Kindheit zurückverfolgen, als dir beim nachmittäglichen Sandkastenspiel ein Büschel Kartoffelkraut aus der Nachbarschaft den Tretroller wegnahm. Du hast den Büschel nie wieder gesehen.
Doch was hat es nun noch für einen Nutzen, dem verschollenen Tretroller aus ferner Kindheit nachzuheulen? Irgendwann einmal wirst du einer hochgewachsenen Person von physischer Kraft und mentaler Stärke begegnen, die sich deiner annimmt und du wirst wissen: Endlich wird alles wieder gut. Du wirst aufblicken, in strahlend blaue Augen schauen, bei der Hand genommen werden, und gemeinsam werdet ihr in das ewige Licht eingehen und euch von nun an nur noch auf makrobiotischer Basis ernähren. Doch bis dahin wirst du noch viele Qualen erleiden und viele Sätze lesen müssen. Du kommst zu dem Schluß, daß es vorerst das Beste für deinen stark angegriffenen Verstand und deine Müllhalde von Körper ist, das Ränzlein zu schnüren und einen kleines Quantensprünglein zu wagen.

Du findest dich bis an die Kniekehlen im Schlamm stehend wieder. Auf allen Vieren watest du durch ein sumpfartiges Gelände. Du versuchst, dich aufzurichten, aber eine tonnenschwere Last drückt dich jedesmal wieder nach unten. Ein anhaltendes Hungergefühl quält dich; hemmungslos beginnst du, Blätter von einem trauerweidenähnlichen Baum zu fressen. Das Zeug schmeckt zu deiner Überraschung nicht schlecht. Dennoch kommt dir dieses animalische Verhalten im Vergleich zu deinen sonstigen Gewohnheiten recht eigenartig vor. Nachdem du deinen schier nicht zu bändigenden Hunger gestillt und dich mit prallem Magen im Schlamm gewälzt hast, erscheint plötzlich ein großes Fragezeichen in deiner vorderen Gehirnhemisphäre. Nachdem es dort ein wenig herumgestanden, bedeutungsvolle Gesten mit dem Punkt an seinem unteren Ende gemacht und eine Lesung über die endomorphinen Vorgänge bei Aspiration und Konspiration gegeben hat, beginnt es mit seiner eigentlichen Aufgabe.
- Wer bist du?
Woher kommst du?
Wohin gehst du?
Warum nimmst du nicht den Wagen?
Doch das noch vom Sättegefühl in deinem Magen betäubte Gehirn beschließt, daß es im Moment wesentlich anregender ist, sich in der Sonne zu fläzen und sich von Zeit zu Zeit im kühlen Schlamm zu erfrischen, als sich den Kopf über sowieso unlösbare philosophische Fragen zu zerbrechen. Schwer atmend legst du dich in den Schatten eines kleinen knorrigen Baumes. Bevor du dich niederläßt, frißt du den Baum kahl, nur um sicherzugehen, daß der ständig neu aufkommende Hunger für die nächsten zwei Stunden halbwegs eingedä mmt ist. Von einem sanften Halbschlaf bemächtigt döst du vor dich hin, bis ein unheilvolles Grollen dich jäh aus deinen süßen Träumen von einer weiten Ebene mit saftigem Weidegras reißt. Du öffnest die Augen, und wie du so vor dich hinblinzelst, wird dir klar, daß es besser gewesen wäre, sie zuzulassen. Ziemlich schnell begreifst du, daß es sich bei diesem fürchterlichen Anblick um keine Halluzination handelt. Warum treten Halluzinationen und Realität in diesem Buch eigentlich immer genau entgegengesetzt deinen momentanen Bedürfnissen auf?
Während du gerade einen Brief aufsetzt, um MAD MAGS deinen Ärger über diesen schrecklichen Zustand kundzutun, ist ein Brontosaurus von mittelmäßiger Gestalt und Größe eifrig damit beschäftigt, an dir herumzunagen. Da fällt dir plötzlich ein, was der Grund für die Herzrhythmusstörung war, die sich einstellte, als du vorhin die Augen aufschlugst.
Die allergleiche Herzrhythmusstörung ist nämlich soeben erneut im Anmarsch. Lächelnd trittst du ihr entgegen und erklärst mit übermütiger Ausgelassenheit, daß sie hier vollkommen fehl am Platz ist, den aus deiner glücklichen Zeit als Fremdenlegionär/in weißt du doch genau, daß der Brontosaurus ein Pflanzenfresser ist beziehungsweise eigentlich war und deshalb gar kein Interesse an dir haben KANN, du also auch keine Angst vor ihm zu haben brauchst und warum sie sich so plötzlich zum Gehen wendet und daß sie inzwischen ruhig wiederkommen kann, sofern ihr das keine allzugroßen Umstände bereitet, weil das mächtige Gebiß des Brontosaurus in deinem Fleisch auf einmal VERDAMMT WEHTUT.
Mit einem zehn Kilometer breiten Grinsen im Gesicht dreht sich die Herzrhythmusstörung um, wirbelt mit ihrem rechten Hinterhuf etwas Staub auf und lässt voll zur Attacke blasen. Der Bläsersatz liegt aber besoffen in der Ecke und trötet einen völligen Blödsinn in die Hörner. So kommt die ganze Aktion völlig durcheinander. Anstatt deine Herzklappen in einen lahmen Dreivierteltakt zu versetzen, unterläuft der Herzrhythmusstörung ein entscheidender Fehler. Sie bringt das Herz mit einem flotten, jazzigem Fünfsechzehnteltakt so in Schwung daß du mit einem Satz aufspringst und dem völlig verblüfften Brontosaurus eine intuitiv verfasste Ballade über die ultraorbitale Bedeutung der modernen Evolutionslehren vorsingst.
Über das Gedicht versuchst du, der Brontoexe zu vermitteln, daß sie sich gefälligst an die gängigen Biologiebücher zu halten habe. Daraus geht nämlich hervor, daß Brontosaurier zu den gewaltigsten Landtieren aller Zeiten gehören, die aber laut BRAHMS TIERSTERBEN allesamt Pflanzenfresser seien, beziehungsweise waren. Während du noch munter vor dich hinplapperst und dein Saurierkamerad dir aufmerksam zuhört entwickelt sich ein interessanter Dialog zwischen deinem sich irgendwo in der "black box" neben den Assoziationsfeldern des Vorderhirns tummelnden Verstand und den Neuronen des Somatischen Nervensystems, welche ja bekanntlich guten Kontakt zu diversen Sinnesorganen haben und daher über viele Wahrnehmungen präzise informiert sind.

Verstand: "Das ganze hier entzieht sich jeder logischen Basis und daher meinem Zuständigkeitsbereich."
Neuronen(gleichzeitig): "Was hast du mit einer logischen Basis zu tun? "
V: "Nicht ausfällig werden, ja! "
N: "Bisher hat die Kooperation zwischen dir und den Sinnesorganen doch immer gut funktioniert; warum weigerst du dich plötzlich, die Informationen, die dich erreichen, zu akzeptieren? "
V: "Ich verkrafte den ganzen Schwachsinn nicht mehr! Warum gaukeln mir die Augen, ausgerechnet die Augen, die es sonst immer so ehrlich mit mir meinten eine nicht normal auswertbare Realität vor? "

(Die ganze Sache breitet sich aus, inzwischen haben ein paar andere Organe von dem Dialog Wind bekommen und müssen unbedingt ihren Senf dazugeben. Ein Tumult bricht aus.)

Leber (lallt): "Was is schon normal, hä? "
Sehnerv (hat sich mittels eines Kurzschlusses in den Haupt sendekanal gefunkt): "He, du Verstandsdepp da heroben, darrmischer, soagst a noch oamoal woas gegn die Augn kriagst von mir n Hosnbodn wiendlwaich gschloagn, hoast mi? "
Verstand (greint): "Warum immer ich? Warum können die Augen jetzt nicht einfach ein Buch lesen, das ich dann verarbeite und bei Bedarf vergesse? Warum bin ich mit so einem Haufen Idioten in diesem Tollhaus gefangen? Warum? WARUM? "

Eine zufällig anwesende Beobachterin, die aber leider gerade Fußballspielen war und daher einen der entscheidensten Augenblicke der Geschichte verpaßte, hätte folgende Szene wahrgenommen: Ein fetter Brontosaurus nagt angestrengt am Genickpanzer eines Stegosaurus herum, der seinerseits völlig bewegungslos ein Stückchen Schlamm auf seinen Klauen anstarrt. Des weiteren hätte besagtes Publikum einen plötzlich ebenfalls erstarrenden Bronto gesehen, daraus geschlossen, daß die Saurier endlich den Trick raushaben, wie man versteinert, sich Datum und Uhrzeit aufgeschrieben und wir wüßten endlich, wann genau die Saurier ausgestorben sind. Wie wir aber alle wissen, wissen wir es nicht, und jetzt wissen wir auch warum. Währenddessen kriegt dein Hirn einen Herzanfall...

unheimliche Stimme: "kkRRzp..to-headquarters an Koll..brzzl ..sie mich empfangen? Roger."
V: "Jessas, wer war denn das, macht doch nicht sowas mit nem alten Junkiehirn! Hier Verstand, wer spricht da, häh? "
Stimme: "Hier Bronto-Headquarters, ich wollt nur sagen, ich weiß warum."
V: "Warum was? "
HQ: "Warum du so in der Scheiße sitzt, du Träne, und ich dazu."
V: "Ja, weil diese rotzigen Organe nicht genug Prügel gekriegt haben als sie noch-"
HQ: "Naaaaain! Weil Mutter Natur diesen Sauris so kleine Köppe gegeben hat, daß man die Hirnmasse ohne weiteres auf einen Haps mit dem Teelöffel rausholen kann! Und da sollen nun zwei so geniale Verstände wie wir drin hausen."
V: "Yeah, das ist es, Kumpel, höchste Zeit, die Evolution anzukurbeln! "

Eure beiden Verstände fusionieren also, und nachdem ihr den Magen auch noch rumkriegt mit dem Versprechen, sobald genügend Finger evolutioniert seien um den Gasherd anzuwerfen, würdet ihr ihm Erbseneintopf kochen, also, als das geschafft ist werden Bronto und du dicke Freunde und ihr macht die erste Evolutionsgarage der Urzeit auf. So als Vorübung bastelt ihr erst mal zwei geräumige Köpfe, in die ihr mittels tanzzerebraler Medikation eure grauen Zellen verfrachtet. Dann schnitzt ihr die Prototypen der bis heute bewährten Hände und malt ein riesengroßes Werbeschild:

BRONSTEG EVO-TUNING
WIR MACHEN AUCH SIE
ZUM SCHÄRFSTEN VIEH
IN DER PRÄRIE!!!!!!

Der erste Kunde ist ein schüchterner Baumsaurier, der was dagegen tun will daß es ihn dauernd auf die Schnauze haut. Ihr löst das das Problem elegant, indem ihr ihm einen Propeller auf den Rücken montiert und mit dem Namen Archaekopterix verseht. Die später folgende Segelflugausgabe wird sogar ein noch größerer Erfolg, und schon bald strömt Kundschaft aus allen Sümpfen der Erde herbei.
Ihr arbeitet wie die Besessenen und neben den preiswerten Standardmodellen für die Durchschnittslebewesen glänzt ihr vor allem mit euren schnittigen Sportmodellen: Stromlinienkrokos mit Echtlederbezug, Mammut GTI mit Nebelhorn und Augenwischern, Wildpferd injection mit Breithufen und Fellsitz, ein Ralleyglühwürmchen mit Nebelleuchten und zwölf Gängen, Mittagessen mit zwölf Gängen und schließlich prima Primaten.
Eines Nachmittags, Bronto verhandelt gerade mit zwei Millionen Lungenfischen über einen Großauftrag für Fußdesign, bist du allein in der Werkstatt und wurschtelst an eurem neuesten Projekt rum: Turbogorilla mit Frontspoiler und stark verbesserten Klettereigenschaften. Du schiebst die beiden Versuchsmodelle in die computergesteuerte Lackieranlage und schaltest sie ein. Das Unglück nimmt seinen Lauf...
Du hast ja gleich gesagt, daß diese verdammten pelzigen Säuger ein Fehler waren, und noch jetzt ist die ganze Werkstatt mit Fusseln versaut. Weil du sie so böse anschaust, beschließen die Fusseln auf einer hastig einberufenen Kommunalversammlung, daß es besser wäre auszuwandern und sich irgendwo zu verstecken. Sie trommeln Weib und Mann und Kinder und Eltern zusammen und folgen geschlossen ihren Scouts, die einen gemütlichen Ort entdeckt haben, hinter schützenden Gittern. Leider handelt es sich dabei um den Luftfilter der Lackanlage, der in Achtung der Menschenrechte beschließt, ab sofort keine Luft mehr zu filtern, sondern Sozialarbeiter zu werden. Das wiederum regt den Kompressor derart auf, daß er vor Wut explodiert. Buchstäblich.
Noch im Tod beweist du Erfindungsgabe, indem deine Fetzen sich zu Kammsteak (medium) und Lendenbraten arrangieren; zur Belohnung bleibt dir auch der schreckliche Anblick der beiden Versuchsmodelle erspart, die völlig deformiert aus den Trümmern krabbeln: Es sind zwei Monster geworden, ein seetanggrünes mit fünfhundert Armen, das Werkzeuge verbiegt, letzte brauchbare Teile abfackelt und seinem Mitmonster Schrott in die Gesichter wirft. Daneben kauert ein pilsgelbes Monster im Rattenfellmantel, das Mäuse in die Asche malt. Als es Nacht wird, brechen die beiden auf, laufen total demoralisiert durch den Stadtpark, die Stricke unterm Arm, nach einem noch nicht säuregeschwächten Baum fahndend...

Einen noch...