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Dein imaginäres Pferd wird gesattelt, du galoppierst über eine imaginäre Prärie, verfolgt von imaginären Sherryfs und Rothäuten, und ballerst mit einem imaginären Peacemaker um dich. Vom Rumwetzen kriegst du aber bald wunde Füße und kommst zur Besinnung; irgendwie ist es schon lächerlich, mit dem Zeigefinger zu wedeln und
- Bumm! Bumm!
zu schreien.
Zwischendurch mußt du eine Treppe erwischt haben, jedenfalls bist du eine Etage höher und damit dem Zuständigkeitsbereich des Plakates entwischt. Du denkst dir
- Zur Feier des Tages könnte ich mir doch mit Freudenschreien die Stimme ruinieren.
und legst los. Das heißt, du würdest gerne, aber obwohl du das Maul aufklappst wie ein Karpfen auf dem Silvestertisch, ist kein Ton zu hören.
- Ich bin stumm!
schießt es dir durch den Kopf. Aber auch der Schuß löst nichts in deinen Trommelfellchen aus.
- He, dann bin ich also taub!
schießt es weiter. Verzweifelt trommelst du auf das Kopfsteinpflaster und flennst, was die Augen hergeben. "Augen auf im Straßenverkehr", wie der Volksmund stets zu sagen pflegt. Du hättest drauf hören sollen! Dann wäre dir nämlich das Pferdefuhrwerk in selbige gesprungen, das jetzt munter über den Rest deines Luxuskörpers poltert. Lautlos stöhnend krabbelst du zum Straßenrand und zählst deine blauen Flecken. Aber, Moment, die sind ja dunkelgrau; und deine ehemals zartrosa Pfirsichhaut hat die Farbe von Rattenfell! Du läßt die Wimpern klimpern und beäugst die Gegend.
- Entschieden zu wenig Farbe hier.
stellst du fest. Eigentlich gar keine, alles schwarzweiß. Entweder hast du ein völlig neuartiges Augenleiden, für dessen Entdeckung dich der Optigerverband dumm und dämlich zahlen würde, oder es hat was mit den Pferdewagen, Gaslaternen und altmodischen Anzügen zu tun, die hier überall rumfahren, -stehen und -getragen werden. Ein hellgrau strahlendes Licht geht dir auf: Du bist in einem uralten Stummfilm gelandet und kannst ergo natürlich nicht reden. Um zu überleben kurbelst du das nächste Telefon an und fragst deinen Psychoanalytiker um Rat. Per Winkzeichen, von wegen der abhanden gekommenen Stimme.
- Verwandeln Sie sich in einen Stummfilmstar,
signalisiert er zurück,
- die kennen sich da aus.
Feine Idee, wen wählst du? Marcel Marceau (weiter bei 251)?
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